Erste MD – Schmerzen vergehen, Erinnerungen bleiben..
Schleswig 25.06.2022 Viking Triathlon
Als aller Erstes, ich hätte mir keinen besseren Ort für meine erste MD vorstellen können.
Der Ort der Veranstaltung und die gesamte Orga waren mega! Dazu Kaiserwetter und die Sonne verging erst, als alle Teammitglieder im Ziel waren.
Aber von vorne…
Am Donnerstag vor dem Wettkampf erreichte uns leider eine Hiobsbotschaft. Unser Teamkollege Dennis aus München wurde Corona positiv getestet und konnte somit nicht an den Start gehen.
Absolut bitter für ihn, dass die gesamte Vorbereitung auf dieses tolle Event für die Katz war.
Mich hat diese Nachricht wirklich traurig gemacht – natürlich für ihn selbst, aber auch indirekt für mich, denn eines meiner 3 Ziele war Dennis das erste Mal Paroli zu bieten und nicht chancenlos zuzusehen, wie ich beim Radeln überholt werde. Ob es gereicht hätte, ist Hypothese, aber ich bin nicht ganz unzufrieden mit meiner Leistung, dazu später mehr.
Freitag Mittag war es nun endlich so weit. Ein Tross bestehend aus 4 Personen (Dani & Jan / Heiner und meiner einer Marc) setzte sich in Bewegung Richtung Schleswig. Der angespannteste Mensch dieser Menschen war mit Abstand ich, denn ich hatte 0,0 Ahnung wie mein Körper auf diese Distanz reagieren würde und die anderen Kollegen durften diese Erfahrungen schon das ein oder andere Mal machen, so dass die Routine ein wenig vorhanden war, auch wenn jedes Rennen anders verläuft.
Angekommen in Schleswig zeigt das Wetter sein hässliches Gesicht. Extreme Regenschauer gepaart mit heftigem Wind fegten über die Wechselzone hin bis zur Schlei (Ostsee).
Heiners Gesicht zeigte die gleichen Fragezeichen, die sich auch in meinem Kopf spiegelten.
Als eher bescheidene Schwimmer in der Lernphase hatten wir zugegeben leichte Panik, dass das Wetter am morgigen Wettkampftag genauso sein könnte.
Startunterlagen abgeholt und auf zu unserem Domizil der nächsten 2 Tage. Jan war so nett und hat das Organisatorische vor Ort übernommen, und was soll ich sagen, alle meine/unsere Erwartungen komplett übertroffen. Die Unterkunft besaß 3 Schlafzimmer, 2 Bäder und sämtliche Räume hatten von der Größe Klassenzimmer-Charakter. Wirklich Luxus! Ein Badezimmer war sogar mit einer Badewanne ausgestattet, was mir am nächsten Tag noch zu Gute kommen sollte.
Abends Pizza bestellt, 3x vegetarisch für meine Kollegen und für mich eine Salamipizza – ohne Salami, warum auch immer! 2-3 Bierchen gegen die Aufregung getrunken und ab in die Falle, um Kräfte zu tanken.
Wettkampftag: Augen auf, Rollo runter und Klärchen strahlt einem mitten ins Gesicht, herrlich! Erster Blick Richtung Bäume – windstill! Sollte das Wetter es wirklich gut meinen für meine Premiere?
Mit der Crew gefrühstückt, Sachen gepackt und letzte Tipps von unserer Trainerin Dani entgegengenommen, die uns das gesamte Wochenende tatkräftig unterstützt hat. Großen Dank an dieser Stelle an Dani, denn das ist nicht selbstverständlich und hat enorm geholfen.
Am Wettkampfgelände angekommen, die Wechselzone mit brauchbaren Utensilien für den Tag bestückt und dann ab zum Wasser.
Die Atmosphäre ein Traum! Sonne, Strand, Wasser, gut gelaunte Menschen, schallende Beats und ein euphorischer Moderator. Der Tag der Tage scheint wie gemalt.
Neo an und ab zum Einschwimmen. Jan konnte es nicht abwarten und wurde bis zum Start nicht mehr gesehen. Er hatte sich ein wenig mehr Zeit zum Einschwimmen genommen. Heiner und ich also zusammen ins Wasser. Erste Feststellung, top Temperatur (20-21 Grad), keine Wellen und etwas salzig, was uns Edeltechnikern beim Schwimmen helfen sollte, um nicht abzusaufen.
Haben uns also etwas eingepaddelt und mit erschrecken die gelben Sailfish-Bojen in der Ferne wahrgenommen – echt ein weiter Weg und nicht mit dem Oytersee zu vergleichen.
Auf dem Weg zum Startbereich kurzes Posing vor Dani’s Kamera, um ein letztes gemeinsames Bild für die spätere Dokumentation zu bekommen.
Im Startbereich noch 2 bekannte Gesichter (Elena & Timo) getroffen und uns in den Bereich der selbsteingeschätzten Schwimmzeit einsortiert.
Die Spannung am Siedepunkt dazu heroische Klänge aus den Boxen, um die Saga der Vikinger zu unterstreichen. Heiner ein paar Meter vor mir, da erklingt der Startschuss. Gestartet wird im Rolling-Start, also alle 5 Sekunden 6 Schwimmer gleichzeitig ins Wasser.
Uhr an und mit einem eleganten Sprint ins Wasser. Diese Art des Starts kommt mir eindeutig entgegen. Kein Gedränge oder Kämpfe um die bessere Position für mich ängstlichen Schwimmer ein absoluter WIN!
Kurz nach der ersten Boje die erste Überraschung. Ein bekanntes Gesicht neben mir, Heiner!
Kurz erkundigt, ob alles OK ist, denn Heiner hatte ich für ein Wiedersehen beim Schwimmen nicht mehr auf dem Zettel bei der Vielzahl an Teilnehmern. Es stellte sich später heraus, dass er erneut eher schleppend ins Schwimmen kam aber sich im Laufe der Zeit steigern und stabilisieren konnte. Fortan kreuzten sich unsere Wege stetig, obwohl wir beide unser eigenes Rennen geschwommen sind.
Das Schwimmen lief aus meiner Sicht erstaunlich gut und ich konnte die 1900 Meter weitergehend durchkraulen. Lediglich an den Bojen musste ich etwas mit Brustschwimmzügen die Richtung korrigieren.
Fast zeitgleich mit Heiner ging es Richtung Wechselzone, da saß Jan schon ein paar Minuten auf dem Rad, was zu erwarten war. Bei Jan sieht es für uns immer aus, als wenn er sich nicht anstrengt, Resultat seiner super Technik und seines immensen Trainingsfleißes.
Wechselweltmeister Heiner verlässt die Wechselzone Richtung Radstrecke als ich noch seelenruhig meine Söckchen und Helm richte. Diese paar Sekunden sollten mein Ziel „ankommen unter 6 Stunden“ nicht gefährden.
Raus auf die Radstrecke. Was ist nun los? Schaltung defekt? Warum jetzt? Hinterer Zahlenkranz lässt sich nicht mehr schalten.
Abgestiegen, geschaut, Kette manuell weiter nach oben befördert, rauf auf’s Rad – das gleiche Spiel – so ein Mist!
Soll so früh meine erste MD enden? Auf keinen Fall! Mal schauen was die Strecke so bringt, aber kommt ein Berg, bin ich geliefert! Bei gleich bleibendem Tempo konnte ich einige Plätze gut machen, da sich im hinteren Mittelfeld offensichtlich nicht die stärksten Fahrer befanden. Ca. 10 hatten mich überholt, aber ein Vielfaches mehr konnte ich selbst überholen. Beine fühlten sich wirklich gut an.
Aufgrund der Streckenführung konnte man in jeder der 3 Radrunden seine Teamkollegen grüßen und hatte somit den ungefähren Abstand zu den Gefährten. So viel vorab, Jan ist aus meiner Sicht ein bärenstarkes Rennen und uneinholbar vorweg gefahren, Respekt!
Heiner war an allen U-Turns überraschenderweise nicht weit weg. Ich schätze 30 Sekunden.
War ich zu schnell und würde es bereuen? Hat Heiner absichtlich den Fuß vom Gas genommen? Denn eigentlich fährt er in einer anderen Liga als ich.
Gott sei Dank, kamen keine dicken Anstiege, so dass man mit einem Gang relativ gut zum 2. Wechsel fahren konnte.
Abgestiegen vom Rad, die nächste Überraschung! Ein anfeuernder Zuschauer war mir durchaus bekannt und hatte ihn heute schon des öfteren auf der Radstrecke gesehen – Jan! Scheiße!
Mir war sofort klar, dass Jan’s Knie nicht gehalten hat und er somit aufgeben musste. Sehr ärgerlich!
Nichtsdestotrotz habe ich hier eine Challenge vor mir und die ist mittlerweile um 2 Sportarten geschrumpft. Also „nur“ noch 21 Kilometer laufen. Genauso oder ähnlich hatte ich es mir vorgestellt. Ich fühle mich gut, das werde ich definitiv schaffen, denn Laufen ist meine stärkste Disziplin. Laufschuhe an, Cap und Brille auf, nochmal einen kräftigen Schluck aus der Pulle. Ups, ist da noch viel drin! Hoffentlich rächt sich das nicht – egal, weiter. Kurz noch mit einem Athleten geflaxt – und ihm viel Erfolg gewünscht – heißt es rauf auf die Laufstrecke. In der zweiten Kurve ein lautes „geh es langsam an, Marc“. Ein guter und weiser Hinweis von Dani. Auch das hatte ich mir vorgenommen: mit gemütlicher Reisegeschwindigkeit von 5:30 das Rennen von vorne bis hinten zu laufen. War im Training auch überhaupt kein Problem und auch eher schneller, aber nicht wenn man die anderen beiden Sportarten in dieser Länge vorher absolviert hat. Erster Tempocheck auf der Uhr 5:00. Ok, Fromme, mal wieder zu schnell! Also Tempo drosseln. Nach ca. 800 Metern die ersten leichten Oberschenkelkrämpfe. Das kannte ich schon vom Vorjahr im Allgäu, hier aber in abgeschwächter Form. Nach weiteren 500 Metern haben sich die Oberschenkelproblemchen zum Glück verflüchtigt.
Also nächster Tempocheck – 5:10! Puh, ist das schwierig nach dem Radeln seine vorgegebene Zeit zu halten, also wieder reduzieren.
Nach Kilometer 4 dann die erste Rache des Körpers. Wie schon vor 2 Wochen in Hannover bekam ich ein Würgegefühl, offensichtlich der Überlastung geschuldet. Bitte nicht schon wieder. Es geht nicht mehr! Anhalten, Baum suchen und versucht zu Spucken – geht auch nicht!
Wieder langsam ins Laufen gekommen, während mich ein ca. 70-jähriger Herr überholte. Ich warf ihm ein „tolle Leistung“ hinterher, worauf er erwiderte „es ist noch ein langer Weg“. In der Tat 17 km „to go“ und im besten Fall laufend.
Nächste Überraschung… sind wir hier im Allgäu? Wo kommen die ganzen Steigungen denn her? Ich war immer der festen Überzeugung, dass Schleswig flaches Land sei, aber weit gefehlt. Hier jagte eine Steigung die nächste. Dazu die Hitze und die Erkenntnis, den erneuten Fehler vergangener Tage gemacht zu haben. Zu wenig getrunken auf der Radstrecke und etwas überzockt.
Anyway, jammern bringt nichts. Du musst das hier zu Ende bringen, koste es, was es wolle. Also Zähne zusammenbeißen und weiter. Ein ständiger Begleiter von nun an war meine Uhr. Nicht um die Zeit zu kontrollieren, die war mir inzwischen egal, eher um nach Puls zu laufen, damit ich das hier überleben würde. Meine Herzfrequenz pendelte sich immer wieder bei 180 ein. Kurz rausgenommen, 160, angelaufen wieder 180. Das wird ein Spaß und ich habe noch nicht einmal die erste Runde geschafft.
Nach mehrfachem Wechselspiel zum ersten Mal den Zielbogen in Sicht. Zu diesem Zeitpunkt war meine Motivation aber nicht mehr sonderlich hoch.
Am Zielbogen vorher anfeuernde Teamkollegen. Dani, Jan und mittlerweile auch Timo. Junge ist der stark! Schon im Ziel, Respekt!
Leider war meine Annahme falsch, denn auch Timo musste verletzt aufgeben, obwohl er bis dahin ein klasse Rennen abgeliefert hatte. Mit einer kurzen Geste, die so viel signalisieren sollte wie „ich habe fertig“ an den 3en vorbei. Die Resonanz von den Kollegen eindeutig „du machst weiter und ziehst das durch!“ Na gut, eine Runde versuche ich es nochmal.
Interessanterweise setzt man sich in einer solchen Situation immer wieder Teilziele. Zum Beispiel die nächste Verpflegungsstation oder es ist nur noch eine Kanalrunde (Heimstrecke 6km) bis nach Hause. Unglücklicherweise ist diese Kanalrunde in Schleswig leicht hügeliger als zu Hause und man hat schon 90km Rad und fast 2km Schwimmen in den Knochen.
Super motivierend die zahlreichen Zuschauer an der Strecke und die Verpflegungpoints hatten alles, was man braucht (Wasser, Gels, Iso usw.). Zweite Runde beendet sprach der Ausdruck in meinem Gesicht sicherlich Bände. Stark erschöpft und schlecht gelaunt bin ich meine Sonnenbrille in Höhe meiner Teamkollegen losgeworden, die mich nur noch genervt hat.
Am Verpflegungspunkt nach dem Zielbereich nochmal alles in mich reingeschüttet was geht und ab in die finale Runde. Ab Kilometer 16 dann der Super-GAU. Krämpfe in beiden Waden. Erst vereinzelt, dann immer häufiger und ab Kilometer 18 dann so schlimm, dass ich ab dem Zeitpunkt mehr gegangen als gelaufen bin. Ok, scheißegal, nur noch 3 km to go und wenn ich es wörtlich nehmen muss, dann ist das halt so. Meine Laune kippte mit dieser Entscheidung plötzlich ins Positive und ich quatschte mit einigen Athleten und hatte die Zeit, mich bei den zahlreichen Streckenposten zu bedanken, die einen bombastischen Job gemacht haben. Auch lobend zu erwähnen sind die Anwohner die bei den heißen Temperaturen, Wasser zum Trinken oder Wasser aus dem Gartenschlauch zur Kühlung angeboten hatten.
Dann der erlösende Blick auf den Zielbereich. Meister, nochmal Backen zusammenkneifen und langsam mit Würde ins Ziel laufen. Ehrlich? Es ging nicht mehr! Jeder Schritt hat gekrampft. Eine absolute Erlösung als ich endlich freudestrahlend meine Teamkollegen sehen konnte, die nun zu viert waren, da Heiner sage und schreibe eine halbe Stunde vor mir ins Ziel kam. Aber das konnte meine Freude nicht trüben. Unter Motivationsversuchen des Stadionsprechers und Applaus der Zuschauer der letzte Laufversuch – keine Chance! Gehend über die Ziellinie die Finisher-Medaille in Empfang genommen.
Ein Wunder, dass mein treuer Weggefährte, meine Uhr, mir nicht angezeigt hat „Gehen beendet“. Total erschöpft und überglücklich musste ich tatsächlich das Finisher-Bier verweigern, was wirklich ein Zeichen dafür ist, dass es mir nicht gut ging. Würde mir im normalen Leben sonst nicht passieren. Ziele erreicht: ankommen und unter 6 Stunden bleiben, TOP! Und nun? Nochmal eine MD? Am Wettkampfabend hätte ich es wahrscheinlich verneint und auch vor dem Event war mir ziemlich klar, dass dieses eine Eintagsfliege bleibt.
Aber mit ein wenig Abstand, ein klares JA und motivierter denn je!
Eine super Erfahrung geteilt mit tollen Menschen, das schreit nach Wiederholung, treu dem Motto… Schmerzen vergehen, aber die Erinnerungen bleiben für immer.
Vielen Dank an Dani, Jan und Heiner für das unvergessliche Wochenende. Das war sensationell!!!
MD-Finisher Marc, das klingt J